Gretchen 89FF.
von Lutz Hübner
mit Cornelia Bielefeldt & Hanno Wingler
Gretchen, die bekannteste Jungfer deutscher Theaterseligkeit im klassischen Outfit mit Zöpfen und Nachthemd? Oder etwa Gretchen, die neugierige kleine Schlampe mit Bikinihöschen und gepiercten Brustwarzen? Ist sie naiv oder abgebrüht, intelligent oder debil, hübsch oder hässlich, die süße Maid? Auf alle diese Fragen weiß einer im Theater immer eine Antwort: der Regisseur. Er entscheidet auch, ob das ominöse Kästchen eine Goldschatulle ist, ein Pizzakarton oder ein blauer Müllsack...
Regisseur zur Schauspielerin: "Das ist es! Und du, du musst es erschaffen. Alles andere ist Stadttheaterscheiße!"
Sie denken nur an das eine. In diesem Falle an die eine berühmte Passage aus Theaterdirektor Goethes "Faust", in dem Gretchen ein Schmuckkästchen findet. In einer Reihe von kabarettistisch zugespitzten Sketchen treffen jene Figuren der Bühnenscheinwelt aufeinander, die unser anekdotisches Halbwissen vom Theater geprägt haben. Und kein Klischee ist so an den Haaren herbeigezogen, dass es nicht von der Wirklichkeit hinter den Kulissen noch übertroffen würde. Der sexbesessene Psychologe, der Schmerzensmann, der Streicher, Archetypen eines ganz bestimmten Regiestils treffen auf Archetypen weiblicher Bühnenkunst wie die Diva und die Anfängerin. Alle proben sie die berühmte Gretchen-Szene.
Was dabei herauskommt, ist jedesmal ein Zusammenprall der besonderen Art. In höchst vergnüglichen, pointierten Dialogen wird hier die schillernde Welt des Theaters persifliert und vom Kopf auf den Bauch gedreht.